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Erste-Hilfe ISG-Blockade

Aktualisiert: 7. Mai

Erste-Hilfe ISG-Blockade
Eine ISG-Blockade kann sehr schmerzhaft und einschränkend sein. Hier erfahren Sie, worum es sich bei der ISG-Blockade handelt und was Sie selber dagegen tun können.

Inhaltsverzeichnis:



Was ist das Iliosakralgelenk (ISG) und welche Funktion hat es?


Das Iliosakralgelenk (ISG) ist eine Art „Gelenk-Duo“: Auf jeder Beckenseite verbindet ein ISG das Kreuzbein – den keilförmigen Knochen am Ende der Wirbelsäule – mit dem Darmbein, das die großen, fächerförmigen Beckenschaufeln bildet. Man kann sich das wie zwei stabile Scharniere vorstellen, die den Rumpf mit den Beinen verknüpfen.


Der Körperkompass

 

Der Körperkompass

Gesundheitswissen aus der Osteopathie-Praxis

 

Bestell-Nr. 1582ISBN-13: 978-3-8434-1582-8

248 Seiten, 154 x 205 mm, broschiert, mit zahlreichen farbigen Abbildungen

 



So ist das ISG aufgebaut.


Die Gelenkflächen sind uneben und passen wie zwei Puzzleteile ineinander. Mehrere sehr kräftige Bänder umschlingen diese Verbindung und erlauben nur minimalen Spielraum – ungefähr zwei bis drei Grad Kipp- oder Drehbewegung. Genau dieses „gerade noch beweglich“ ist entscheidend: Wäre das ISG komplett starr, würde jeder Schritt harte Stöße direkt in die Wirbelsäule leiten; wäre es zu locker, könnten Kreuzbein und Becken durcheinanderwackeln.


Iliosakrakgelenk | ISG
Das Iliosakralgelenk (ISG) verbindet das dreieckige Kreuzbein (Sacrum) mit den beiden Darmbeinschaufeln (Ilium) des Beckens. Es ist ein straffes, kaum bewegliches Gelenk, das vor allem durch kräftige Bänder stabilisiert wird.

Warum das ISG so wichtig ist?


Bei jedem Schritt, Sprung oder schnellen Richtungswechsel nimmt das Gelenk das Gewicht von Oberkörper und Wirbelsäule auf, verteilt es gleichmäßig über den Beckengürtel und leitet es anschließend an die Hüftgelenke weiter. Zusammen mit der Bandscheibe zwischen dem letzten Lendenwirbel (L5) und dem Kreuzbein wirkt das ISG wie ein Stoßdämpfer, der Erschütterungen abfedert und Drehbewegungen harmonisch überträgt.


Zusätzliche Stabilität liefern mehrere Muskelgruppen:


  • Großer Gesäßmuskel (Gluteus maximus) – bremst starkes Abknicken nach vorn.

  • Tiefe Rückenmuskeln (Multifidi) – halten das Kreuzbein aufrecht.

  • Piriformis & Hüftrotatoren – kontrollieren Drehbewegungen.


Über ein Netzwerk von Faszien (Bindegewebssträngen) verspannen diese Muskeln das ISG wie Sicherheitsgurte.





Typische Symptome einer ISG-Blockade


Leitsymptom sind stechende oder ziehende Schmerzen knapp unterhalb der Lendenwirbelsäule, häufig einseitig über der Hinteren Darmbeinstachel (PSIS). Die Beschwerden können ins Gesäß, seitliche Hüfte, Leiste und entlang der Oberschenkelrückseite bis zum Knie ausstrahlen, ohne dem klassischen Dermatom einer Nervenwurzel zu folgen – daher spricht man von pseudoradikulären Schmerzen. Charakteristisch ist eine Verstärkung beim Nach-vorn-Beugen, Lastenheben, langem Sitzen oder Drehen im Bett; Gehen in mäßigem Tempo wird oft als entlastend empfunden. Viele Betroffene spüren eine Schonhaltung mit seitlichem Wegdriften des Oberkörpers, palpieren einen druckschmerzhaften Punkt über dem Gelenk oder berichten über plötzliches „Einfahren“ des Schmerzes beim Husten. Neurologische Ausfälle fehlen, doch können Missempfindungen wie Kribbeln vorkommen, weil benachbarte Faszien und Muskeln reflektorisch verspannen. Wird das Gelenk chronisch gereizt, ist morgendliche Steifigkeit oder ein Gefühl von „rostiger“ Beckenschraube typisch.


Wie erkennt man eine ISG-Blockade?
Trotz der geringen Beweglichkeit kann eine Funktionsstörung des ISG deutliche Rückenschmerzen im unteren Rücken und Gesäß auslösen.

Wie erkennt man eine ISG-Blockade?


Wichtig:

Kein Heimtest ist hundertprozentig sicher. Er dient nur zur Orientierung. Bei starken, länger anhaltenden oder neu auftretenden Schmerzen, Taubheitsgefühlen oder Muskelschwäche sollten Sie immer ärztlichen Rat einholen.


Typisches Schmerzprofil beobachten

Frage

ISG-Blockade spricht eher dafür

Spricht eher dagegen

Wo genau tut es weh?

Einseitiger, stechender Schmerz dicht neben der Wirbelsäule, direkt über dem Gesäßbein (hinterer Darmbeinstachel).

Schmerz in der Mitte der Lendenwirbel, brennender Verlauf die Beinrückseite bis in den Fuß (Ischias).

Wann wird es schlimmer?

Aufstehen nach langem Sitzen, Einsteigen/ Aussteigen aus dem Auto, Umdrehen im Bett, abruptes Bücken.

Husten, Niesen, längeres Gehen verschlechtern stark → eher Bandscheibe.

Wann wird es besser?

Lockeres Gehen, leichtes Dehnen, Wärme.

Absolute Ruhe hilft kaum, Nachtschmerz weckt dich → mögliche Entzündung.

Drei einfache Selbst-Test bei einer ISG-Blockade


Machen Sie diese Tests langsam, ohne Schwung, immer zuerst auf der schmerzfreien Seite vergleichen:


  1. Einbeinstand („Storch-Test“)

    So geht’s: Stellen Sie sich vor einen Spiegel und heben das Knie der schmerzhaften Seite hüfthoch an.

    Auswertung: Sticht es plötzlich im Gesäß oder stellen Sie fest, wie das Becken einseitig absackt, deutet das auf eine Instabilität oder Blockade des ISG hin.

  2. Selbst-FABER-Test

    So geht’s: Legen Sie sich auf den Rücken und winkeln das schmerzende Bein an. Legen Sie nun den Fuß oberhalb des anderen Knies ab (Bein formt eine „4“). Anschließend drücken Sie das angewinkelte Knie behutsam Richtung Boden.

    Auswertung: Reproduziert die Bewegung exakt Ihren typischen Schmerz im Gesäß/unteren Rücken, ist das ein Hinweis auf eine ISG-Beteiligung.

  3. Knie-Zum-Brust / Beinüberstrecken (Gaenslen light)

    So geht’s: In Rückenlage ziehen Sie ein Knie maximal zur Brust, das andere Bein schieben Sie lang nach unten und strecken es leicht über die Matratzenkante.

    Auswertung: Schmerzhaftes Ziehen in der Gesäßseite, die nach unten hängt, deutet auf Spannung im ISG-Bandapparat.


Wenn mindestens zwei dieser Tests Ihren Schmerz auslösen und Sie die Fragen zum Schmerzmuster dem ISG zuordnen konnten, erhöht das die Wahrscheinlichkeit für eine ISG-Blockade deutlich.



Tastbefund für Geübte


  • Druckpunkt: Tasten Sie mit dem Daumen knapp unterhalb des Grübchens am unteren Rücken (hintere Darmbeinstachel). Ein stechender Schmerz genau dort ist ein Klassiker.

  • Muskelhartspann: Verhärtete Stränge im großen Gesäßmuskel oder im Piriformis, oft nur auf einer Seite.



Warnsignale („Red Flags“) – dann direkt zum Arzt


  • Taubheitsgefühl, Kribbeln oder Muskelschwäche im Bein

  • Schmerz strahlt unter das Knie oder in beide Beine

  • Fieber, nächtlicher Ruheschmerz, unerklärlicher Gewichtsverlust

  • Frischer Sturz/Unfall auf Becken oder Rücken



Erste Hilfe ISG-Blockade


  1. Bewegen Sie sich moderat – 10-minütige Spaziergänge statt langem Sitzen.

  2. Wärme – Wärmflasche oder Kirschkernkissen aufs Kreuzbein legen. Das lockert die Muskulatur.

  3. Sanfte Mobilisation – Beckenkippen im Vierfüßler oder Knie-Schaukel im Liegen.

  4. Entlastende Position – Rückenlage, Beine hochgelegt auf Stuhl (90-90-Stellung).

  5. Leichtes Dehnen – Piriformis-Stretch: im Sitzen Fuß aufs gegenüberliegende Knie legen und Oberkörper nach vorn neigen.


Bleibt der Schmerz trotz dieser Maßnahmen länger als 7–10 Tage bestehen – oder verschlimmert er sich gar – ist eine ärztliche Abklärung unerlässlich.



Welche Rolle spielt Krafttraining in der Prävention?


Ein stabiles ISG braucht kräftige, ausdauernde Stabilisatoren. Der querverlaufende Bauchmuskel (Transversus abdominis), die Rückenstreckmuskulatur (M. multifidi), sowie die Gluteus-Kette und die Hüftrotatoren bilden zusammen mit Faszienzügen das „force closure“. Studien zur Rumpfkraft belegen, dass strukturierte Core-Programme die lumbopelvine Stabilität erhöhen und Rückenschmerzen reduzieren. Selbst in Sportarten mit hohen Rotations- und Sprungbelastungen schützen sie vor ISG-Überlastung. Für Sie bedeutet das: Zwei- bis dreimal pro Woche ein progressives, aber technisch sauberes Ganzkörperkrafttraining.


Kreuzheben, Hip-Thrusts, Ausfallschritte, Farmer-Carries und Anti-Rotation-Übungen (Pallof-Press) kräftigt Kapsel-Band-System und Muskulatur gleichermaßen.

Entscheidend ist die Qualität: neutraler Lendenlordose, gleichmäßige Gewichtsverteilung auf beide Beine und kontrollierte Atmung („bracing“).


Ergänzend wirken isometrische Halteübungen wie Front- und Seitenplanks, da sie gezielt die tiefen autochthonen Muskeln rekrutieren. Nach akuter Blockade sollte Krafttraining erst nach symptomfreier, freier Hüft- und Rumpfbeweglichkeit, idealerweise unter geschulter Anleitung wieder gestartet werden.

 


Tipps für die langfristige Pflege und Vermeidung künftiger Blockaden


  1. Bewegungsvielfalt statt Dauersitzen: Wechseln Sie alle 30–40 Minuten die Position, nutzen Sie höhenverstellbare Tische oder zumindest kurze Steh-Pausen.

  2. Regelmäßige Mobilisation: Sanfte Beckenkippungen im Vierfüßler, Knie-zu-Brust-Dehnungen oder Thoraxrotationen halten Gelenkkapsel und umliegende Muskeln geschmeidig.

  3. Kraft- und Ausdauerplan: Kombinieren Sie zweimal wöchentliches Krafttraining mit moderater Ausdauerbelastung (z. B. zügiges Gehen, Schwimmen oder Radfahren), um die Bänder zu ernähren und die Rumpf-Durchblutung zu fördern.

  4. Lasten clever heben: Beim Aufheben schwerer Gegenstände das Gewicht nah am Körper führen, Po- und Beinmuskeln aktiv einsetzen und ruckartige Drehungen vermeiden.

  5. Gewicht & Schlaf beachten: Adipositas erhöht die Dauerbelastung, eine ausgeglichene Kalorien-Bilanz entlastet das ISG. Eine mittelfeste Matratze und ein ergonomisches Kissen verringern nächtliche Torsionskräfte.

  6. Frühwarnzeichen ernst nehmen: Wiederkehrendes Ziehen nach langen Autofahrten, einseitige Gesäßschmerzen oder eingeschränkte Hüft-Rotation sollten Anlass sein, frühzeitig Dehn- und Kräftigungs­einheiten einzustreuen, statt auf die nächste „Hexe“ zu warten.

  7. Physiotherapie, Osteopathie oder Chiropraktik: Ein jährlicher „Check-up“ hilft, muskuläre Dysbalancen aufzuspüren, Beinlängendifferenzen zu korrigieren und individuelle Übungspläne zu aktualisieren.


Holistische Faktoren: Chronischer Stress steigert Muskeltonus und Schmerz­wahrnehmung; Entspannungsverfahren, Schlafhygiene und eine entzündungsarme Ernährung (viel Obst, Gemüse, Omega-3-Fettsäuren) schaffen ein günstiges Milieu für Gelenk und Bänder.



FAQ: Häufig gestellte Fragen zum Thema: ISG-Blockade

Wie unterscheidet sich die Blockade von einem Bandscheibenvorfall?

Wie lange dauert eine ISG-Blockade?

Ist eine Blockade in der Schwangerschaft gefährlich?

Kann Chiropraktik das Gelenk “einrenken”?

Sind Spritzen ins ISG gefährlich?

Welche Medikamente helfen bei einer ISG-Blockade am Besten?

Kann ich weiter Sport treiben?

Ist ein ISG-Block eine dauerhafte Erkrankung?

Welche Rolle spielt Übergewicht?

Hilft eine harte oder eine weiche Matratze?

Kann Stress ISG-Probleme verschlimmern?


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