World’s Greatest Stretch - die unterschätzte Superdehnung
- Sascha Bade
- 7. Mai
- 3 Min. Lesezeit

Inhaltsverzeichnis:
Wer viel sitzt – beruflich, privat oder einfach aus Prinzip – merkt irgendwann, dass der Körper nicht für das Leben als Zimmerpflanze gebaut wurde. Die Hüften rosten ein, der Rücken protestiert, und selbst die Schultern entwickeln auf mysteriöse Weise die Mobilität eines Aktenschranks. Was dagegen hilft? „World’s Greatest Stretch“.
Ursprünglich von Leichtathletik-Trainern populär gemacht, ist sie inzwischen fester Bestandteil unzähliger Reha-Programme, CrossFit-WODs und Mobility-Kurse. Dabei dauert ein Durchgang kaum länger als eine Minute und lässt sich fast überall ausführen.
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Was macht diese Stretchingübung so besonders?
Ganz einfach: Sie packt mehrere Baustellen des Körpers gleichzeitig an. In einem einzigen, geschmeidigen Bewegungsablauf werden Hüftbeuger, Gesäß, Beinrückseite, Wirbelsäule, Schultern und Waden mobilisiert. Oder anders gesagt: Ein halber Yoga-Kurs in 60 Sekunden, ohne Mantra und Gongschlag.
Noch besser: Die Bewegungsabfolge ist dynamisch und alltagsnah. Kein regungsloses Ausharren in der Haltung „Mensch mit Krampf“, sondern ein funktionales Training, das dem Körper beibringt, wie er sich wieder wie ein Körper anfühlen kann. Ganz nebenbei aktiviert die Übung auch die tiefe Rumpfmuskulatur.
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Kein Equipment? Kein Problem.
Zwei Armlängen Platz reichen völlig. Ob im Park, im Hotelzimmer oder neben dem Bett. Eine Matte ist nett, aber keine Bedingung. Wenn dich der Nachbar dabei sieht, sei stolz, denn Du tust gerade etwas für deinen Bewegungsapparat. Und für deine Coolness – zumindest theoretisch.
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Wie du die Übung in deinen Tag schmuggelst
Morgens: Direkt nach dem Aufstehen je ein Durchgang pro Seite. Weckt den Kreislauf und hilft dem Körper, zu akzeptieren, dass er jetzt nicht mehr schlafen darf.
Im Büro: Alle zwei bis drei Stunden – also immer dann, wenn du gerade überlegst, ob du Kaffee oder Kündigung brauchst.
Vor dem Sport: Zwei bis drei Wiederholungen pro Seite im Warm-up. Bereitet die Gelenke auf ambitionierte Körperverrenkungen vor.
Abends: Ein langsamer Durchgang mit tiefer Atmung. Ideal, um dem Tag Lebewohl zu sagen und sich mit Würde in die Horizontale zu verabschieden.
Insgesamt reichen 3 bis 5 Minuten am Tag – eine überschaubare Investition, wenn man bedenkt, dass viele Menschen mehr Zeit damit verbringen, ihr Handy zu suchen.
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Wieso ist die Übung so effektiv?
Wer regelmäßig dehnt und mobilisiert, verbessert nicht nur seine Haltung, sondern auch die Art, wie er oder sie durch den Alltag geht. Wörtlich. Denn ein geschmeidiger Körper steht nicht nur aufrechter, sondern trägt sich auch mit mehr Leichtigkeit durch das Leben. Eine aufrechte Haltung entlastet Wirbelsäule, Gelenke und Geist gleichermaßen.
Doch Mobilität bringt noch mehr. Sie steigert die Leistungsfähigkeit. Wer sich freier bewegen kann, springt weiter, läuft geschmeidiger, hockt tiefer – und greift eleganter unter das Sofa, wenn die Fernbedienung wieder mal beschlossen hat, auszuwandern. Man merkt es im Sport. Man merkt es beim Einkaufen. Man merkt es, wenn man morgens versucht, die Socken anzuziehen, ohne dabei einen Muskel einzuklemmen.
Dazu kommt, dass Dehnübungen die Durchblutung anregen. Die Bewegung pumpt Blut und Gewebsflüssigkeit durch das muskuläre Bindegewebe. Das Ergebnis ist eine schnellere Regeneration, weniger Muskelkater.
Und dann ist da noch der Faktor, den man kaum sieht, aber sofort spürt: weniger Stress. Wer bewusst und tief atmet, aktiviert den Parasympathikus, den Teil des Nervensystems, der sinngemäß sagt: „Beruhig dich. Niemand will deinen Lebenslauf sehen.“ Die Herzfrequenz sinkt, die Muskeln entspannen sich, und das Gedankenkarussell schaltet von Jahrmarkt auf Museumsmodus.
Nicht zuletzt reduziert Beweglichkeit auch das Verletzungsrisiko – und das nicht nur beim Sport. Schon eine Bordsteinkante im Halbdunkel oder die letzte Rolltreppenstufe kann tückisch sein, wenn der Körper steif wie ein Brett ist. Bewegliche Gelenke und reaktionsschnelle Muskeln puffern unerwartete Belastungen besser ab.Â
Die Kurzform für alle, die lieber machen statt lesen:
Schritt 1:
Rechten Fuß weit nach vorne setzen, linkes Bein gestreckt nach hinten.
Schritt 2:
Beide Hände neben dem rechten Fuß aufsetzen.
Schritt 3:
Rechten Ellbogen nach unten führen, Richtung Boden, nah am Knie – öffnet die Hüfte.

Schritt 4:
Rechten Arm nach oben strecken, Blick folgt der Hand
Schritt 5:
Hand absetzen, Hüfte nach hinten schieben, rechtes Bein fast strecken
Schritt 6:
Zurück in den Ausfallschritt – und Seite wechseln

Fazit
Die „World’s Greatest Stretch“ ist mehr als ein übertriebenes Versprechen. Sie ist ein kleines Alltagsritual mit großer Wirkung – für Haltung, Beweglichkeit, Stabilität und sogar Seelenfrieden. Sie kostet dich weniger Zeit als ein halbherziges Scrollen durch Instagram und bringt deutlich mehr – nämlich einen Körper, der sich wieder nach Mensch anfühlt. Also los: runter vom Stuhl, rein in den Stretch. Dein Rücken wird’s dir danken. Dein Sofa auch.